8. Objekte und Klassen

Je grösser ein Programm wird, desto wichtiger ist es Ordnung zu halten. Eine Konzept, um die Übersicht besser zu behalten, ist die Modularisierung. Das heisst, dass wir unser Programm in einzelne, kleinere Komponenten aufteilen. Im Kapitel zu Funktionen haben wir bereits eine mögliche Variante der Modularisierung gesehen, indem die Ausführung von gewissen Codezeilen einer Funktion übergeben wurde.

In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit Objekten und Klassen [1]. Die Idee dahinter ist, dass unsere Welt aus Objekten besteht, wie z.B. Personen, Autos, Bäume, Häuser, Länder, Werkzeuge und Schuhe. Jedes dieser Objekte hat bestimmte Charakteristiken und kann andere Objekte beeinflussen. Dies ist eine sehr intuitive Beschreibung des Konzepts der obejektorientierten Programmierung. Im folgenden sehen wir anhand einiger Beispiele eine konkrete Umsetzung in unserer Programmiersprache.

8.1. Klassen definieren und Objekte erstellen

Gehen wir von einem Programm aus, welches Informationen über Personen verwaltet. Jede einzelne Person kann im Programm durch ein Objekt repräsentiert werden. Ein solches Objekt kann somit eine vereinfachte Kopie einer Person aus der realen Welt darstellen. Mit dem Keyword class kann nun eine Klasse definiert werden, welche mir Objekte von dieser Klasse generieren. Die einfachste Weise dies zu machen, sieht folgendermassen aus:

1# Einfachste Art eine Klasse zu erstellen
2class Person:
3    pass

Nun können Objekte (Instanzen) der Klasse Person erstellt werden.

>>> p1 = Person()
>>> p1
<__main__.Person object at 0x33c9210>

Man sieht das p1 nun eine Instanz der Klasse Person ist. Es könnten theoretisch noch viele weitere Instanzen unserer Klasse Person erstellt werden.

>>> e1 = Person(); e2 = Person(); e3 = Person()
>>> e1;e2;e3
<__main__.Person object at 0x7f292a1f5dd8>
<__main__.Person object at 0x7f292a1f5c50>
<__main__.Person object at 0x7f292a1f5d30>

Wie am obigen Beispiel ersichtlich ist, wurden drei weitere Objekte von der Klasse Person erstellt.

8.1.1. Unterschied zwischen Klassen und Objekten

Zu Beginn sind die Unterschiede zwischen Klassen und Objekten vielleicht nicht ganz klar. Die folgenden Merkpunkte können einem beim Weiterlesen in diesem Kapitel helfen, die beiden Begriffe Klasse und Objekt voneinander zu unterscheiden.

  • Eine Klasse ist eine Konstruktionsvorlage für Objekte, d.h. es ist wie eine Art Bauplan.

  • Ein Objekt hingegen ist eine konkrete Umsetzung eines solchen Bauplans.

8.2. Instanzvariablen

Jede Person ist auf seine Art einzigartig und besitzt gewisse Eigenschaften (z.B. Name, Vorname, Geburtsdatum und Körpergewicht). Diese Variablen, welche wir nur innerhalb der Person p1 definieren wollen, können wir auf folgende Art erstellen:

>>> p1.name = "Müller"
>>> p1.vorname = "Kurt"
>>> p1.geb_datum = "03.02.01"
>>> p1.gewicht = 73.5

Variblen welche zu einem Objekt gehören, werden Instanzvariablen genannt. Möchte man nun z.B. den namen und den vornamen der Person p1 wissen, so kann dieser mittels p1.name (bzw. p1.vorname) abgefragt werden.

>>> print(p1.name, p1.vorname)
Müller Kurt

Eine Eingabe in der Konsole wie z.B.

>>> print(name, vorname)

wird nicht den Namen „Müller Kurt“ unserer gewünschten Person p1 ausgeben, da diese nur im Namensbereich unseres Objektes p1 existieren.

Einer Instanz kann man beliebige Variablenamen zuordnen. Jedoch sollten sie schon irgendwie Sinn machen, weil es sonst im weiteren Programmverlauf nur zur Verwirrung führt.

Bemerkung

Die Instanzvariablen, welche wir hier erstellt haben (name, vorname, geb_datum und gewicht) charakterisieren die Instanz p1 der Klasse Person. Diese helfen verschiedene Instanzen der gleichen Klasse zu unterscheiden. Später werden wir auch noch Klassenvariablen sehen, welche nicht ein Objekt, sondern die Klasse selbst beschreibt.

8.2.1. Aufgaben

  1. Wir haben folgendes Programm gegeben:

    1class Person:
    2    pass
    3
    4my_person1 = Person()
    5my_person2 = Person()
    6my_person1.vorname = "Patrick"
    7my_person2.name = "vonBerg"
    

    Erkläre warum folgende Eingaben nicht funktionieren.

    >>> print(my_person1.name)
    >>> print(my_person2.vorname)
    
  2. Erstelle eine Instanz der Klasse Person und nenne das Objekt dummy. Erstelle für dummy folgende Instanzvariablen: name = "Müller", vorname = "Jürg". Überlege zuerst was bei den folgenden Eingaben herauskommen sollte und kontrolliere es dann, indem du es laufen lässt. Interpretiere die Resultate.

    1print(dummy.vorname, dummy.name)
    2x = dummy
    3x.vorname = "Giovanni"
    4print(dummy.vorname, dummy.name)
    
  3. Erkläre was im folgenden Programm gemacht wird:

     1class Person:
     2  pass
     3
     4class Auto:
     5  pass
     6
     7dummy = Person()
     8my_car = Auto()
     9my_car.marke = "Seat"
    10dummy.car = my_car
    11print(dummy.car.marke)
    

8.3. Die __init__() Methode

Von oben ist eigentlich klar, dass es vielleicht keinen Sinn macht, Personen ohne Identität (sprich ohne Instanzvariablen) herzustellen. Es wäre also nur logisch, wenn man bei der Herstellung eines Objekts, die Instanzvariablen, welche man auf sicher haben möchte, von Anfang an definieren könnte. In unserem Beispiel würde das heissen, dass wir der Person gleich bei der Herstellung eine Identität geben. Dies kann man machen, wenn in der Klasse die Funktion __init__() existiert. Die Funktion __init__() wird immer dann aufgerufen, wenn neue Objekte der Klasse instanziert werden (z.B. per = Person(...)). [2] Die gewünschte Belegung der Instanzvariblen können der Funktion __init__() einfach als Argumente übergeben werden. Auf unser Beispiel von oben angewandt, sieht es dann so aus:

1# Neuer Bauplan für eine Person:
2# Beim Erstellen eines Objekt der Klasse Person
3# werden die Instanzvariablen direkt definiert.
4class Person:
5    def __init__(self, name, vorname, geb_datum, gewicht):
6        self.name = name
7        self.vorname = vorname
8        self.geb_datum = geb_datum
9        self.gewicht = gewicht

Auf diese Weise kann keine Person ohne Identität erstellt werden und man kann sicherstellen, dass die geforderten Instanzvariablen (hier name, vorname, geb_datum und gewicht) auch sicher existieren. Erstellen wir nun eine neue Person:

>>> p2 = Person("Smith", "John", "04.04.04", 83)
>>> print(p2.name, p2.vorname, p2.geb_datum, p2.gewicht)
Smith John 04.04.04 83

Die Person p2 wurde instanziert und die geforderten Instanzvariablen sind garantiert belegt.

Mit der __init__() Methode kommen wir der Idee des Bauplans aus Kapitel Unterschied zwischen Klassen und Objekten zum ersten Mal etwas näher, indem nun in der Klasse vorgeschrieben wird, wie ein Objekt der Klasse Person auszusehen hat.

Bemerkung

Das erste Argument self bei __init__() ist eine Referenz auf das Objekt. Auf diese Weise ist z.B. die Zuordnung in der Klasse Person

        self.name = name

unmissverständlich. Das heisst self.name steht für die Instanzvariable des Objekts, welches erstellt wird und name steht für das Argument welches der Funktion __init__() übergeben wird. Natürlich kann man die Argumente auch anders benennen. Jedoch sollte klar ersichtlich sein, welches Argument zu welcher Instanzvariable gehört.

8.4. Methoden

Menschen sind nicht nur Träger von Merkmalen (Name, Vorname etc.), sondern besitzen auch ein Verhalten (z.B. „sich Vorstellen“ oder „Gewicht abnehmen“). Solche Verhaltensweisen können in Methoden/Funktionen innerhalb der Klasse definiert werden. Von oben haben wir gesehen, dass wir mit

>>> print(p2.name, p2.vorname, p2.geb_datum, p2.gewicht)
Smith John 04.04.04 83

auf die Instanzvariablen des Objekts zugreifen können. Jetzt möchte man aber nicht immer einen solch langen print-Befehl eingeben, sondern das Objekt (hier eine Person) soll sich gleich selber vorstellen. Dies kann auf folgende Weise innerhalb der Klasse Person realisiert werden:

 1# Neuer Bauplan für eine Person:
 2# Beim Erstellen eines Objekt der Klasse Person
 3# werden die Instanzvariablen direkt definiert.
 4class Person:
 5    def __init__(self, name, vorname, geb_datum, gewicht):
 6        self.name = name
 7        self.vorname = vorname
 8        self.geb_datum = geb_datum
 9        self.gewicht = gewicht
10
11    def vorstellen(self):
12        text = "Hallo.\nIch heisse " \
13               + self.vorname + " " \
14               + self.name + ", wiege " \
15               + str(self.gewicht) + " kg und habe am " \
16               + self.geb_datum + " Geburtstag.\n"\
17               + "Nice to meet you."
18        print(text)

Wir haben also innerhalb der Klasse eine Funktion definiert. Das Argument self in der Klammer ist, wie schon bei der Funktion __init__(), eine Referenz auf das Objekt, auf welche diese Funktion angewendet wird. [3]

Jedes einzelne Objekt der Klasse Person hat nun die Möglichkeit auf die Funktion vorstellen() zu zugreifen.

Auf diese Weise bekommen wir, ohne viel Tipparbeit, gleich die Informationen der jeweiligen Personen, indem sie sich selber vorstellt. Wenden wir die Methode vorstellen() auf die beiden Personen p1 und p2 von oben an, so erhalten wir:

>>> p1.vorstellen()
Hallo.
Ich heisse Kurt Müller, wiege 73.5 kg und habe am 03.02.01 Geburtstag.
Nice to meet you.
>>> p2.vorstellen()
Hallo.
Ich heisse John Smith, wiege 83 kg und habe am 04.04.04 Geburtstag.
Nice to meet you.

Hier sehen wir, dass die Funktion vorstellen(), je nach Objekt auf welches es angewandt wird, eine andere Ausgabe in der Konsolo produziert. Das ist auch wünschenswert, denn jedes Objekt (hier jede Person) hat andere Eigenschaften (z.B. Name und Gewicht) und stellt sich dementsprechend auch anders vor.

Nun kann eine Person sich nicht nur vorstellen, sondern sie kann auch Gewicht verlieren, z.B. wenn sie Sport getrieben hat. Ein solches Verhalten können wir ebenfalls in der Klasse mit einer Funktion abnehmen() simulieren:

 1# Neuer Bauplan für eine Person:
 2# Beim Erstellen eines Objekt der Klasse Person
 3# werden die Instanzvariablen direkt definiert.
 4class Person:
 5    def __init__(self, name, vorname, geb_datum, gewicht):
 6        self.name = name
 7        self.vorname = vorname
 8        self.geb_datum = geb_datum
 9        self.gewicht = gewicht
10
11    def vorstellen(self):
12        text = "Hallo.\nIch heisse " \
13               + self.vorname + " " \
14               + self.name + ", wiege " \
15               + str(self.gewicht) + " kg und habe am " \
16               + self.geb_datum + " Geburtstag.\n"\
17               + "Nice to meet you."
18        print(text)
19
20    def abnehmen(self, wie_viel):
21        print("Altes Gewicht:",self.gewicht,"kg")
22
23        # Das neue Gewicht in der Instanzvariable
24        # des Objektes speichern
25        self.gewicht = self.gewicht - wie_viel
26
27        print("Neues Gewicht:",self.gewicht,"kg")

Anders als die Funktion vorstellen() (welche nur Informationen auswirft) verändert die Funktion abnehmen() das Objekt, indem es die Instanzvariable gewicht des Objektes anpasst. Dessen muss man sich immer Bewusst sein. Ist die gewünschte Änderung des Objektes wirklich im Sinne meines Programms?

>>> p1.gewicht
73.5
>>> p1.abnehmen(3)
Altes Gewicht: 73.5 kg
Neues Gewicht: 70.5 kg
>>> p1.gewicht
70.5

Das obige Beispiel zeigt, dass das Objekt (hier die Person p1), nach dem Aufruf der Funktion abnehmen(), verändert wurde.

Bemerkung

Die Instanzvariablen der Klasse Person (name, vorname, geb_datum und gewicht) sowie die Methoden (vorstellen() und abnehmen()) sind nur Objekten derselben Klasse vorbehalten. Eine Eingabe wie

>>> a = 1
>>> a.vorstellen()

wird eine Fehlermeldung produzieren, da a hier ein Integer ist und somit die Funktion vorstellen() als Integer nicht kennt.

8.5. Public-, Protected- und Private Instanzvariablen

Manchmal macht es Sinn, dass gewisse Instanzvariablen nicht ohne Überprüfung einfach geändert werden können oder sie erst gar nicht gegen Aussen sichtbar sein sollten. Nehmen wir als Beispiel folgende Eingabe:

>>> p1.gewicht = -20

p1 ist eine Instanz der Klasse Person, wie wir es oben schon definiert haben. Hier wurde nun dem Gewicht der Person p1 einen negativen Wert zugeordnet, was in der Realität gar nicht vorkommen kann.

Möchte man verhindern, dass die Instanzvariablen einer Klasse von aussen ohne weiteres geändert oder gar gelesen werden kann, gibt es zwei Möglichkeiten, die Python einem zur Verfügung stellt.

  1. Jedes Attribut, welches mit genau einem Unterstrich beginnt, ist protected. In diesem Fall kann das Attribut zwar immer noch gelesen und verändert werden, aber durch den Unterstrich wird kommuniziert, dass dies verboten oder nicht erwünscht ist.

  2. Wenn der Name eines Attributes mit zwei Unterstrichen beginnt, wird der Zugriff von Aussen durch Python weiter erschwert. In diesem Fall kann nur noch über obj._classname__attribut darauf zugegriffen werden. Ein solches Attribut wird private genannt.

Dazu sehen wir uns folgende Beispielklasse an: [4]

1class A():
2    def __init__(self):
3        self.__priv = "Ich bin privat"
4        self._prot = "Ich bin protected"
5        self.pub = "Ich bin öffentlich"

Wir haben hier also folgende Situation:

Name

Bezeichnung

Bedeutung

pub

public

Kann von Aussen gelesen und geändert werden.

_prot

protected

Kann von Aussen gelesen und geändert werden, jedoch sollte es nicht gemacht werden (Empfehlung vom Entwickler).

__priv

private

Kann von Aussen nur gelesen werden, wenn der Klannenname angefügt wird.

Im folgenden Code-Snippet sehen wir sehr gut, wie sich die Entsprechenden Instanzvariablen verhalten:

>>> x = A()
>>> x.pub
'Ich bin öffentlich'
>>> x.pub = "Man kann meinen Wert ändern und das ist gut so"
>>> x.pub
'Man kann meinen Wert ändern und das ist gut so'
>>> x._prot
'Ich bin protected'
>>> x._prot = "Man Wert kann aber sollte nicht von außen geändert werden!"
>>> x._prot
'Man Wert kann aber sollte nicht von außen geändert werden!'
>>> x.__priv
Traceback (most recent call last):
  File "<stdin>", line 1, in <module>
AttributeError: 'A' object has no attribute '__priv'
>>> x._A__priv
'Ich bin privat'
>>> x._A__priv = "Auch ich kann verändert werden"
>>> x._A__priv
'Auch ich kann verändert werden'

Wir sehen also, dass wir auf die Instanzvarible __priv des Objekts x nur Zugriff erhalten, wenn wir _A__priv benutzen.

8.5.1. Setter- und Getter-Methoden

Nun kann man sich fragen, wozu solche private Instanzvariablen gut sind, wenn sie von Aussen sowieso nur umständlich verändert werden können. Sehen wir uns dazu die folgende Klasse an:

1class Motorrad():
2    def __init__(self, marke, hubraum):
3        self.marke = marke
4        self.__hubraum = hubraum

Wir wollen nicht, dass ein Benutzer ein Motorrad mit negativem Hubraum modelliert. Aus diesem Grund haben wir hier die Instanzvariable __hubraum private gesetzt. Der Wert kann nun unter Beobachtung mit einer sogenannten setter() Methode geändert werden:

 1class Motorrad():
 2    def __init__(self, marke, hubraum):
 3        self.marke = marke
 4        self.__hubraum = hubraum
 5
 6    def set_hubraum(self, kubik):
 7        if (kubik <= 0):
 8            print("Error: Negativer Wert für den Hubraum! \
 9Der Wert wurde nicht geändert")
10        else:
11            self.__hubraum = kubik
12            print("Hubraum wurde geändert.")

Auf diese Weise haben wir in Zeile 6 die Kontrolle, dass __hubraum keine negativen Werte annehmen kann. Dies bedeutet, dass die Veränderung der Instanzvariable __hubraum in eine Klassenmethode ausgelagert wurde, in welcher die Manipulation am Objekt und somit der Instanzvariable kontrolliert und überwacht werden kann.

Um nun auch noch den Wert abfragen zu können, erstellen wir zusätzlich noch eine getter() Methode. Dies kann dann so aussehen:

 1class Motorrad():
 2    def __init__(self, marke, hubraum):
 3        self.marke = marke
 4        self.__hubraum = hubraum
 5
 6    def set_hubraum(self, kubik):
 7        if (kubik <= 0):
 8            print("Error: Negativer Wert für den Hubraum! \
 9Der Wert wurde nicht geändert")
10        else:
11            self.__hubraum = kubik
12            print("Hubraum wurde geändert.")
13
14    def get_hubraum(self):
15        return self.__hubraum

In der Python-Konsole können wir die Klasse nun testen, was dann wie folgt aussieht:

>>> toeff = Motorrad("Yamaha", 600)
>>> toeff.get_hubraum()
600
>>> toeff.set_hubraum(-300)
Error: Negativer Wert für den Hubraum! Der Wert wurde nicht geändert
>>> toeff.get_hubraum()
600
>>> toeff.set_hubraum(300)
Hubraum wurde geändert.
>>> toeff.get_hubraum()
300

Siehe auch

Der oben beschriebene Ansatz um Getter und Setter zu erstellen funktioniert in ähnlicher Art in vielen anderen Programmiersprachen auch. Ein erfahrener Python-Programmierer wird dies aber nicht so umsetzen, sondern sogenannte Decorators benutzen. Mit der property() Funktion können Properties wie in den hier beschriebenen Beispielen umgesetzt werden:

https://docs.python.org/3/library/functions.html#property

8.5.2. Aufgaben

  1. Wir erstellen ein Objekt der Klasse Motorrad:

    >>> motrad = Motorrad("KTM", 950)
    

    Überlege dir, welche der folgenden Eingaben valide sind und welche nicht. Begründe. Was wird jeweils auf der Konsole ausgegeben?

    >>> motrad.set_hubraum(600)
    
    >>> motrad.__hubraum += 400
    
    >>> motrad.marke += 2
    
    >>> motrad.__hubraum
    
    >>> motrad.marke
    
    >>> motrad.get_hubraum()
    
    1. Erneut erstellen wir ein Objekt der Klasse Motorrad. Erkläre und begründe was auf der Konsole ausgegeben wird. Worin besteht die Problematik?

      >>> das_rad = Motorrad("Buell", -1200)
      >>> das_rad.get_hubraum()
      
    2. Wie müsste man die Klasse Motorrad anpassen, um den unerwünschten Effekt von oben zu vermeiden? Vermeide dabei Codedublizität.

  2. Schreibe die Klasse Person von oben folgendermasen um, so dass das Gewicht einer Person garantiert nie negativ gesetzt werden kann. Benutze dazu setter() und getter() Methoden.

  3. Die Klasse Motorrad von oben wurde um die Zeile 17 erweitert.

     1class Motorrad():
     2    def __init__(self, marke, hubraum):
     3        self.marke = marke
     4        self.__hubraum = hubraum
     5
     6    def set_hubraum(self, kubik):
     7        if (kubik <= 0):
     8            print("Error: Negativer Wert für den Hubraum! \
     9Der Wert wurde nicht geändert")
    10        else:
    11            self.__hubraum = kubik
    12            print("Hubraum wurde geändert.")
    13
    14    def get_hubraum(self):
    15        return self.__hubraum
    16
    17    hubraum = property(get_hubraum, set_hubraum)
    18
    19if __name__ == "__main__":
    20    motrad = Motorrad("Suzuki", 250)
    21    print(motrad.hubraum)
    22    motrad.hubraum = -40
    23    print(motrad.hubraum)
    24    motrad.hubraum += 50
    25    print(motrad.hubraum)
    

    Lasse das Programm laufen und erkläre was in den Zeilen 20 - 25 passiert.

    Informiere dich im Internet über das Thema Properties (z.B. auf der Seite http://www.python-kurs.eu/python3_properties.php).

8.6. Vererbung

Das Konzept der Vererbung erlaubt es uns spezialisiertere Klassen einer allgemeinen Klasse zu erstellen. Die spezialisierte Klasse soll dabei alle Eigenschaften der allgemeinen Klasse besitzen, so dass nur noch wenige Eigenschaften hinzugefügt werden müssen. Die Klasse, von welcher geerbt wird, nennt man Oberklasse, Superklasse oder Basisklasse und die Klasse, welche erbt, wird Unterklasse, abgeleitete Klasse oder Subklasse genannt.

So könnte z.B. die Klasse Fahrzeug eine Oberklasse der Unterklassen Personenwagen und Lastwagen sein. Jedes Fahrzeug ist durch die marke, den hubraum und die leistung charakterisiert. Bei den Personenwagen möchte man noch zusätzlich wissen, wie viele Sitzplätze es hat und beim Lastwagen wie schwer die Fracht sein darf.

erben

Um im Programm zu deklarieren, dass die Klasse Personenwagen von der Klasse Fahrzeug erbt, setzt man beim Namen der Unterklasse einfach den Namen der Oberklasse in Klammern (Personnenwagen(Fahrzeug)). In einem Programm könnte das folgendermassen aussehen:

 1class Fahrzeug:
 2    def __init__(self, marke, hubraum, leistung):
 3        self.marke = marke
 4        self.hubraum = hubraum
 5        self.leistung = leistung
 6
 7    def get_infos(self):
 8        return "Marke: " + self.marke + ", Hubraum: " + \
 9    str(self.hubraum) + ", Leistung: " + str(self.leistung)
10
11class Personenwagen(Fahrzeug):
12    pass
13
14class Lastwagen(Fahrzeug):
15    pass

Testen wir die Klasse in der Konsole, dann könnte das so aussehen:

>>> pw = Personenwagen("Opel", 222, 100)
>>> lkw = Lastwagen("Mercedes", 5000, 300)
>>> print(pw.get_infos())
Marke: Opel, Hubraum: 222, Leistung: 100
>>> print(lkw.get_infos())
Marke: Mercedes, Hubraum: 5000, Leistung: 300

Wir sehen also, dass die beiden Unterklassen alle Eigenschaften, d.h. alle Instanzvariablen und alle Methoden der Oberklasse geerbt haben.

8.6.1. Überschreiben

Das obige Beispiel zeigt, dass die abgeleiteten Klassen die Eigenschaften der Oberklassen geerbt haben. Nun möchten wir aber noch die speziellen Eigenschaften der Unterklassen im Programm einbauen. Damit sind bei der Klasse Personnenwagen die Anzahl Sitzplätze und bei der Klasse Lastwagen die Schwere der Fracht gemeint.

Um diese Eigenschaften zu implementieren führen wir in den Unterklassen eigene __init__() - Methoden ein. Dies hat zur Folge, dass wenn wir ein Objekt der Klasse Personnenwagen erstellen, nun nicht mehr die __init__() - Methoden der Klasse Fahrzeug aufgerufen wird, sondern die der Klasse Personnenwagen.

Um aber Code Dublizität zu vermeiden, können wir in der Unterklasse die __init__() - Methode der Oberklasse aufrufen. Dies geschieht mit dem Keyword super().

Ebenfalls überschreiben wir die Methode get_info() und passen sie auf die entsprechende Unterklasse an.

 1class Fahrzeug:
 2    def __init__(self, marke, hubraum, leistung):
 3        self.marke = marke
 4        self.hubraum = hubraum
 5        self.leistung = leistung
 6
 7    def get_infos(self):
 8        return "Marke: " + self.marke + ", Hubraum: " + \
 9    str(self.hubraum) + ", Leistung: " + str(self.leistung)
10
11class Personenwagen(Fahrzeug):
12    def __init__(self, marke, hubraum, leistung, anz_plaetze):
13        super().__init__(marke, hubraum, leistung)
14        self.anz_plaetze = anz_plaetze
15    
16    def get_infos(self):
17        return super().get_infos() + ", Anzahl Plaetze: " + str(self.anz_plaetze)
18    
19class Lastwagen(Fahrzeug):
20    def __init__(self, marke, hubraum, leistung, last):
21        super().__init__(marke, hubraum, leistung)
22        self.last = last
23
24    def get_infos(self):
25        return super().get_infos() + ", Lastgewicht: " + str(self.last)
26
27if __name__ == "__main__":
28    pw = Personenwagen("Opel", 222, 100, 5)
29    lkw = Lastwagen("Mercedes", 5000, 300, 2000)
30    print(pw.get_infos())
31    print(lkw.get_infos())

Das Programm liefert folgenden Output:

>>>
Marke: Opel, Hubraum: 222, Leistung: 100, Anzahl Plaetze: 5
Marke: Mercedes, Hubraum: 5000, Leistung: 300, Lastgewicht: 2000

Bemerkung

Alternativ kann man auch über den Klassennamen anstelle von super() auf die Methoden der Oberklasse zugreifen. Zeile 13 von oben könnte dann folgendermassen aussehen:

1Fahrzeug.__init__(self, marke, hubraum, leistung)

Dies ist aus folgendem Grund wichtig: In Python besteht auch die Möglichkeit einer Mehrfachvererbung, d.h. dass eine Unterklassse mehr als nur eine Basisklasse besitzen kann. Wir gehen hier aber nicht näher darauf ein.

8.7. Aufgaben

  1. Überlege dir, was die Python-Konsole ausgibt, wenn folgende Programme ausgeführt werden. Erkläre weshalb.

    Klasse 1:

    1class Velo():
    2    def __init__(self, farbe, alter):
    3        self.farbe = farbe
    4        self.alter = alter
    5        
    6v1 = Velo("gelb", 5)
    7v2 = Velo("rot")
    

    Klasse 2:

    1class Velo():
    2    def __init__(self, farbe, alter=0):
    3        self.farbe = farbe
    4        self.alter = alter
    5        
    6v1 = Velo("gelb", 5)
    7v2 = Velo("rot")
    8print(v1.alter)
    9print(v2.alter)
    
  2. In dieser Aufgabe wird eine Mitarbeiterdatenbank irgendeiner Firma simuliert.

    1. Schreibe eine Klasse Mitarbeiter mit den drei Instanzvariablen vorname, nachname und lohn. Achte darauf, dass bei der Instanzierung eines Mitarbeiters, die Instanzvariablen auch sicher belegt werden und der Lohn nicht kleiner als 3800 sfr ist.

    2. Erstelle in der Klasse Mitarbeiter Methoden mit folgenden Funktionalitäten:

      1. get_mitarbeiter_id()

        Diese Methode soll auf der Konsole folgendes ausgeben, wenn sie auf einen Mitarbeiter angewandt wird:

        „Ich heisse Hans Mustermann. Mein Lohn bei dieser Firma beträgt 4000 sfr.“

      2. lohn_erhoehen()

        Beim Ausführen dieser Methode, erhälte der jeweilige Mitarbeiter einen höheren Lohn. Wie viel mehr Lohn er erhält, kann als Argument der Methode übergeben werden.

      3. lohn_senken()

        Hier wird, wie der Name schon sagt, der Lohn gesenkt. Um wie viel der Lohn gesenkt wird, kann wiederrum als Argument der Methode übergeben werden. Zusätzlich gibt die Methode einen String zurück, welcher mitteilt, ob die Senkung erfolgreich war, oder nicht. Denn falls der Lohn bei der Senkung unter 3800 sfr. fällt, so wird das Unterfangen abgebrochen. Dies könnte dann z.B. so aussehen:

        >>> info = arbeiter.lohn_senken(200)
        >>> print(info)
        Erfolg: Der Lohn wurde um 200 sfr. gesenkt und beträgt nun 3900 sfr.
        >>> info = arbeiter.lohn_senken(150)
        >>> print(info)
        Error: Der Lohn kann wegen der Mindestlohninitative nicht gesenkt werden.
        Er bleibt bei 3900 sfr.
        Bitte mit der Gewerkschaft reden.
        
      4. get_initialen()

        Die Methode gibt lediglich die Initalen des betroffenen Mitarbeites zurück. Bei einem Mitarbeiter mit dem Namen Hans Müller wäre das also H.M. Baue diese Methode auch in der bereits erstellten Methode get_mitarbeiter_id() ein, um z.B. folgende Ausgabe zu erstellen:

        „Ich heisse Hans Mustermann (alias H.M.). Mein Lohn bei dieser Firma beträgt 100 sfr.“

    3. Test dein Programm.

  3. Brüche

    1. Definiere eine Klasse Brueche, welche eine Bruchzahl modelliert. Die Klasse soll die Instanzvariablen zaehler und nenner vom Typ Integer besitzen. Stelle immer sicher, dass der Nenner nicht den Wert 0 annehmen kann.

    2. Füge der Klasse eine Methode mit dem Namen print_wert() hinzu, welche keine Parameter erwartet und den Wert des Bruches auf der Konsole ausgibt. Die Ausgabe konnte zum Beispiel so aussehen:

      „Der Wert des Bruches beträgt 2/3.“

    3. Füge der Klasse eine weitere Methode hinzu und zwar mit dem Namen add(). Diese Methode erhält als Argument ein Objekt derselben Klasse Brueche und addiert diesen mit dem Bruch-Objekt, auf welche die Methode angewandt wird. Speichere das Resultat in ein neues Objekt der Klasse Brueche und gib es mit dem return Statement zurück.

    4. Das gleiche Prinzip wende nochmals für die Methode multiply() an.

    5. Füge noch eine Methode kuerzen() hinzu, welche den referenzierten Bruch kürzt, falls möglich. Erweitere mit ihr die Methoden add() und multiply().

    6. Definiere noch eine letzte Methode equal(). Die Methode soll wahr zurückliefern, sofern der übergebene Bruch dem gleichen Wert wie dem aufgerufenen Bruch entspricht.

  4. Mache dich z.B. im Internet über das Thema Operatorüberladung schlau. Benutze das Wissen um für die Klasse Brueche von oben die Addition mittels des „+“-Operators zu definieren. Mache das gleiche auch für den „*“-Operator und den „==“-Operator.

  5. Python bietet uns ja Listen als Datenstruktur an, zusammen mit einer ganzen Sammlung an Methoden (z.B. append(), pop()). Jetzt kann es vorkommen, dass man manchmal bei den Listen (oder auch anderen Klassen) zusätzliche oder eingeschränkte Funktionalitäten bereitstellen möchte. Um zusätzliche Funktionalität anzubieten greifen wir einfach auf das Konzept der Vererbung zurück.

    In dieser Aufgabe wollen wir mit Hilfe von Listen, eine eigene Datenstruktur implementieren, welche uns die Funktionalität eines Stacks zur Verfügung stellt. Ein Stack oder Stapelspeicher ist wie eine Liste ein Container, der aber nur Zugriff auf das zuletzt hinzugefügte Element gewährt. Für mehr Informationen siehe z.B. unter https://de.wikipedia.org/wiki/Stapelspeicher nach.

    Erweitere nun die Klasse Stapel,

    1class Stapel:
    2    def __init__(self):
    3        self.inhalt = []
    

    so dass sie folgende Funktionalitäten bereitstellt:

    a) Auf die Instanzvariable inhalt (Liste deren Inhalt den Inhalt des Stacks widerspiegelt) nicht ausserhalb der Klasse zugegriffen werden kann.

    b) Ergänze die Klasse Stapel um die Funktion add(element) mit der man dem Stack ein neues Element hinzufügen kann.

    c) Ergänze die Klasse Stapel um die Funktion is_empty() welche True zurück gibt, wenn der Stack zur Zeit leer ist, sonst False.

    d) Ergänze die Klasse Stapel um die Funktion get_last() welche das zuletzt hinzugefügte Element des Stacks zurückgibt.

    Beachte: Damit die Funktion funktioniert, muss sich mindestens ein Element in der Liste befinden.

    e) Ergänze die Klasse Stapel um die Funktion pop_last() welche das zuletzt hinzugefügte Element des Stacks zurückgibt und es aus der Liste entfernt.

    f) Ergänze die Klasse Stapel um die Funktion clear_stack() welche den Stack leert und die Elemente der Reihe nach (d.h. das älteste Element zuletzt) in der Konsole auf einer Zeile ausgibt. Vermeide Codeduplizität.

  6. Vererbung

    Gegeben sei das folgende Klassendiagramm:

    erben_personen

    Hinweise zum Diagramm:

    • Der Pfeil bedeutet: „Erbt von“

    • Im obersten Teilkästchen wird jeweils der Klassenname notiert. Anschliessend folgen die Instanzvariablen und zum Schluss die Methoden.

    • Instanzvariablen werden gemäss der folgenden Notation illustriert:

      <+/-> <name> : <type>

      wobei ein + für public und ein - für private steht.

    • Analog bei Methoden:

      <+/-> <name>(<parameter>) : <return-type>

    Implementiere alle Klassen gemäss dem Klassendiagramm. Die Methode print_beschreibung() soll eine kurze Beschreibung ausgeben:

    „Ich heisse Hans Muster, bin männlich, 70 Jahre alt und Pensionär(in).“

    Achte darauf, dass das Alter eines Erwachsenen zwischen 18 und 61 Jahre beträgt. Kinder sind jünger als 18 Jahre und die Pensionierten älter als 61 Jahren.

    Die Funktion print_kinder() in der Klasse Erwachsener gibt die Namen der Kinder auf der Konsole aus, falls sie überhaupt Kinder besitzt.

    Vermeide Code Dublizität.

Footnotes